Die Kunst,
loszulassen
Wir sind es mittlerweile gewohnt, dass wir nicht mehr alles besitzen müssen. Wir machen Car-Sharing, teilen uns Fahrräder, Elektroroller oder Vespas mit Fremden. Großstädter sind es gewohnt, sich über Portale und Online-Communities Nützliches für besondere Fälle zu leihen: Bohrmaschinen, Leitern, Campingausrüstungen oder andere praktische Dinge, die sie nur gelegentlich brauchen und dafür weder Geld noch Platz verschwenden wollen.
Die Sharing-Economy hat den Verzicht auf materiellen Besitz salonfähig gemacht. Teilen liegt im Trend. Doch was ist mit unserem immateriellen Besitz? Sind wir auch bereit, loszulassen und unseren immateriellen Besitz mit anderen zu teilen? Zum Großteil passiert das ganz automatisch. Ohne, dass wir es merken. Ohne unser bewusstes Zutun. Wir füttern das Internet jeden Tag mit unseren Gedanken, unserm geistigen Eigentum und machen es so auch anderen verfügbar. Über Social Media, Blogs, über Fotos auf Portalen wie Pixabay, über Canva, Miro, Mural und natürlich über die Suchmaschinen, die wir täglich mit Schlagworten befüllen.
Auch KI kann so dank unseres Engagements täglich weiter wachsen und besser werden. Immer mehr Menschen versenden Sprachnachrichten – vermutlich aus Bequemlichkeit – und digitalisieren so auch ihre eigene Stimme. Wer weiß schon, welches Tool sie damit trainieren und was mit der digitalisierten Stimme noch alles passieren kann? Weil es praktisch ist und auch Spaß macht, teilen wir unsere Daten und zum Teil auch unser Wissen in großem Stil.
Wissen im Unternehmen mehren
Umso erstaunlicher ist es, wie schwer sich Menschen damit tun, Wissen im Unternehmen zu teilen. Mit Kolleginnen und Kollegen, die sie kennen. Sinnvoll wäre es, das Wissen gezielt so zu teilen, dass daraus noch mehr Wissen im Unternehmen entstehen kann. In der Realität ist leider oft das Gegenteil der Fall: In vielen Unternehmen und Abteilungen vermehren einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich ihr Herrschaftswissen. Führungskräfte, Personal- und Kommunikationsabteilungen versuchen vergeblich, das vorhandene Wissen im Unternehmen zu bündeln und so zur Verfügung zu stellen, dass alle es nutzen können. Doch sie stoßen dabei immer wieder an Grenzen. Die Herrschaftswissens-Mehrer verhindern das Teilen von Wissen.Aus Fehlern lernen
Gemeinsam Fortschritte erzielen
Warum? Aus Angst, sonst nicht mehr gefragt oder gebraucht zu werden. Aus Angst jemand anders könne sich mit dem Wissen brüsten. Für Unternehmen ist das leider völlig kontraproduktiv. Denn Weiterentwicklung geht nur über ständiges Lernen. Und das setzt voraus, dass möglichst Viele ihr Wissen teilen, um es zu mehren. Um gemeinsam Fortschritte zu erzielen. Um Fehler zu minimieren. Um aus Fehlern zu lernen und so immer besser zu werden. Loszulassen wird zur großen persönlichen Aufgabe – im übrigen nicht nur für Mitarbeiter:innen und Mitarbeiter, sondern auch für viele Führungskräfte.
Lernen aus dem Silicon Valley
Als ich 2016 im Silicon Valley war, habe ich dort genauso eine Kultur des Wissen-Teilens erlebt. Und genau dort werden auch die gesellschaftlichen und technologischen Neuheiten entwickelt, die dazu führen, dass wir immer weniger besitzen. Sicher kein Zufall. Wollen sich Unternehmen hierzulande weiterentwickeln, brauchen sie genau diese Haltung des Teilens, der offenen Fehlerkultur sowie ein agiles Mindset, um sich schneller an Veränderungen anzupassen. Das Gute ist: Es lässt sich trainieren. Und: Die Unternehmen, die ein agiles Mindset pflegen, sind offener für Veränderungen.
Während meiner Gründungsphase habe ich auch hier in Deutschland viele Gründerinnen und Gründer getroffen, die ihr Wissen bereitwillig und gern teilen. Denn allen ist klar: Sie sitzen alle im selben Boot, brauchen gegenseitige Unterstützung und können nur gemeinsam besser werden, wenn sie ihr Wissen teilen. Solche Erfahrungen machen mich sehr zuversichtlich.
Was genau spricht dagegen, es in Unternehmen genauso zu machen? Warum ist die Angst so groß, Wissen zu teilen? Siten in einem Unternehmen nicht erst recht alle in einem Boot?
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